EHE

Von der heiligen Ehe und anderen Märchen

Das Konzept der Ehe genießt einen besonderen Schutz, sowohl im Grundgesetzbuch als auch in der Erklärung der Menschenrechte (§ Ehe allgemein). Dieser Schutz gilt aber nicht für jede*n. Wenn eine*r der beiden Eheleute nicht mit einem europäischen Ausweis ausgestattet ist, steht die Verbindung schnell unter dem Verdacht einer sogenannten „Scheinehe“: also einer Ehe, die nur zu dem Zweck geschlossen wurde, einer Person einen Aufenthaltstitel zu verschaffen. Während sich der Staat bei Menschen mit deutschem Pass nicht dafür interessiert, inwieweit zum Beispiel finanzielle Interessen eine Heirat motiviert haben, müssen binationale Paare überzeugend erklären, dass Liebe der einzig wirksame Grund für ihre Ehe ist. Ausländeramt & Co können zwar in der Regel nicht nachweisen, dass dem nicht so ist, aber sie können die Ausstellung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung verweigern oder eine Heirat gar nicht erst zulassen (§ Standesamt).
Die zuständigen Verwaltungsbehörden sind sogar bei sogenannter nicht realisierter Lebensgemeinschaft dazu befugt, einen Antrag auf Aufhebung der Ehe zu stellen, selbst wenn sie schon geschlossen wurde. Das klingt vielleicht abschreckend und birgt viele Überlegungen und Eventualitäten in sich.

Doch wir wollen betonen: Sehr viele Menschen sind den Schritt bereits gegangen und haben sich für eine Ehe zum Zweck des Bleiberechts entschieden. Es ist wichtig, sich die Konsequenzen der Bleibe-Ehe bewusst zu machen. Falls Du dich, aus welchen Gründen auch immer, für eine Bleibe-Ehe interessierst, haben wir versucht, einen möglichen Ablauf zu beschreiben und gebündelt Informationen bereitgestellt, um dir die Entscheidung zu vereinfachen. Eine Heirat ist eine Möglichkeit eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu bekommen, aber es gibt auch andere Wege. Es ist möglich, offiziell Asyl zu beantragen und es im Falle einer Ablehnung über eine sogenannte Härtefallkommission zu versuchen. Mit Hilfe des Bürger*innen- oder Kirchenasyls kann sich vorübergehend vor Abschiebung geschützt werden. In einigen Fällen kann auch über eine Ausbildungsstelle eine Aufenthaltsgestattung erlangt werden. Eine weitere, aber durchaus auch folgenreiche Möglichkeit ist es, eine Elternschaft beim Standesamt registrieren zu lassen.

Informiert euch über all diese Optionen, um für euren Fall die beste Entscheidung zu treffen (mehr Infos im Reader politicalmarriage, siehe „Weitere Infos und Aunlaufstellen“, S.62 ). Es kann sehr sinnvoll sein, sich bei einer*m Anwält*in vorab beraten zu lassen. Am besten schaut ihr vor Ort nach einer*m Anwält*in mit Erfahrung in Eheschließungsfragen und Migrationsrecht. Außerdem gibt es einen Verein mit eher linken Anwält*innen, auf dessen Webseite ihr mal schauen könnt, ob es in eurer Stadt jemanden mit passender Qualifikation gibt (siehe „Weitere Infos und Anlaufstellen“ S.62 ). Natürlich ist es am schönsten, wenn kein*e Anwält*in benötigt wird. Manchmal ist es aber die einzige Möglichkeit, sich vor Repressionen zu schützen.

Checklist:

  1. Informiert euch und profitiert von den Erfahrungen Anderer
  2. Gemeinsame Grundlage: sprecht darüber, was Heiraten für Euch und Eure Beziehung zueinander bedeutet
  3. Unterstützung: Sucht Euch Menschen, die Euch bei Konflikten, Behördengängen, Geldproblemen und Anderem unterstützen können
  4. Rechtliche Beratung: erkundigt Euch nach zuverlässigen Anwält_innen
  5. Finanzen: klärt, woher ihr das nötige Geld für Eure Hochzeit und Scheidung bekommt
  6. Ganz wichtig: Lasst Euch nicht den Mut nehmen und abschrecken